Reisebericht von Frank Böttcher, passionierter Weltenbummler
Venezuela kann mit einerwundervoller Natur und Tierwelt aufwarten; zudem zeigt sich eine natürliche Vielfalt der Vegetation mit Savannen, Gebirgen, Flussdeltas, dem Regenwald, Tafelbergen und Karibikstränden. Andererseits stechen einem auch sofort die tiefgreifenden gesellschaftlichen Probleme ins Auge.
Besser gesagt, wird man als Reisender direkt darauf hingewiesen, sich ohne Begleitung lieber nicht allein im öffentlichen Raum zu bewegen. Von einem eigenständigen Verlassen der touristischen Anlagen wurde direkt abgeraten. Zwar war der Kontakt mit den Einheimisch stets freundlich und korrekt, allerdings sah man auch ziemlich schnell die Armut und Resignation, was das alltägliche Leben angeht.
Tag 1. Im Flieger nach Venezuela sitze ich weider durch Zufall neben einer Einheimischen, deren Verwandte ausgerechnet noch in Zeulenroda bei Gera wohnen. Damit hatten wir genug Gesprächsstoff für die lange Reise. Ruhiger hingegen war dann im Anschluss die Ankunft. Der erste Eindruck vom Land war nicht so schlimm wie erwartet‘. Der Zweite hinterließ schon ein paar mehr Stirnfalten. Überall sieht man die Spuren der Armut, dennoch ist kaum etwas von Gewalt zu spüren. Das Hotel Miramar Suites ist wie beschrieben in einer nicht so schönen Gegend. Aber die Zimmer sind sauber und ich habe seitlichen Meerblick auf den Strand und die Karibik. Einen Pool gibt es auch, der von den anderen südamerikanischen Gästen rege genutzt wird. Ich esse abends im Top-Floor-Restaurant Fisch.
Tag 2. Am Strand tummeln sich schon am Vormittag die Einheimischen. Aus Sicherheitsgründen wurde uns als Gäste im Land allerdings der Innenbereich der Hotelanlage empfohlen. Die Mittagszeit verbrachte ich im völlig unterkühlten Dachrestaurant; den restlichen Tag am Pool. Nach einigem sprachlichen Hin und Her mit der Service-Chefin verstand ich, dass ich das Zimmer zu wechseln hatte. Gegen Nachmittag dann erreicht such mein neuer Reisebegleiter für die kommenden zwei Wochen das Hotel. Wir quatschen, essen, quatschen und fallen irgendwann müde ins Bett.
Tag 3. Der heutige Frühflug bringt uns nach Barinas. Übernachtet wird hier auf einer Ranch, umgeben von flachem Weideland. Mittags erreichen wir das Hato El Cedral. Vom Tor sind es nochmal sieben Kilometer, die wir im Geländetraktor zurücklegen. Überall laufen Leguane und Wasserschweine herum. Unzählige Vögel sind am und über dem Wasser. Der Großteil der Fläche ist Sumpfland. Das Gebiet der Llanos umfasst beinah die Ausdehung von Deutschland. Unsere erste Safari mit dem Boot führt und durch riesige Wasserlandschaften. Im Meer von Seerosen leben unzählige Kaimane, Wasserschweine, Reiher, Vögel, und Piranhas. Immer wieder halten wir, um die Tiere zu beobachten. Mit etwas Frischfleisch locken wir die Räuber unter den Wasserbewohnern an – Kaimane und Piranhas. Bei traumhaften Abendlicht fahren wir dem Sonnenuntergang entgegen.
Tag 4. Im Sonnenaufgang starten wir in den Tag. Wir haben ein Fuchs- und ein Erdeulenpärchen gesehen. Die Llanos sind wahrscheinlich ein Paradies für Vögel und Reptilien. Nach kurzem Frühstück startete direkt die nächste Safari mit dem Truck, aber in eine völlig andere Richtung und Gegend. Viele Kaimane, Wasserschweine und jede Menge große und kleine Vögel waren mit uns unterwegs. Irgendwann hört man auf zu zählen und erfreut sich nur noch an dem Artenreichtum der Natur. Nach dem Mittag und einer Siesta startete dann der dritte Durchlauf. Diesmal stöberten wir zwei Anacondas auf; in der Länge ca. zwei und fünf Meter. Die Abendsonne lockte einige der anatomisch interessanten Ameisenbären aus ihrem Bau, die sich auf Beutefang machten.
Tag 5. Aufstehen tut man hier mit der Sonne, um nach dem Frühstück sofort wieder auf große Fahrt zu gehen. Mit dem Boot tuckern wir im Morgenlicht durch die Fluss- und Mangrovenlandschaft. Piranhas, Kaimane, Bussarde und Adler streifen dabei unseren Weg. Nach der Siesta geht es mit der zweiten Tour des Tages weiter, die uns durch die unendliche Weite der Feucht- und Graslandschaften führt. Wir treffen auf unzählige Wasservögel und Wasserschweine, die sich im dichten Wald aus Palmen, großen Ficusbäumen und Lianen aufhalten. Hier gehen wir zu Fuß auf Pirsch, sehen aber außer ein paar Affen keine Tiere. Die Rückfahrt bringt uns direkt in den Sonnenuntergang. Ein rotglühendes Licht hängt über den Sümpfen. Eine Stimmung, die mit dem Genuss des hier typisch zu den Mahlzeiten gereichten Rums gleich noch illusorischer wirkt.
Tag 6. Nach dem Frühstück geht‘s zur letzten Safari. Wir fahren mit dem Truck über die trockene Graslandschaft. An einem größeren Flußarm entdecken wir Süßwasserflussdelfine. Zauberhafte Wesen! Mittag werden wir abgeholt und verabschieden uns von der Hato und unserem Guide Rafael. Unser Fahrer rast in 2,5 h zum Aeroporte de Barinas, von wo aus es weiter nach Caracas geht. Für kurz sind wir im Hotel und nutzen das WLAN ausgiebig.
Tag 7. Von Puerto Ordaz aus straten wir mit dem achtsitzigen Kleinflugzeug in den Dschungel nach Canaima. Wir werden zur paradiesischen Lagune mit Sandstrand geführt, wo wir mit dem Boot auf die Halbinsel in der Mitte der Lagune gebracht werden. Wir sehen fantastische Wasserfälle direkt vom Camp aus. In dem Camp war außer uns keiner und wir konnten zwischen Hängematten draußen und einem dunklen Zimmer wählen. So genossen wir die erste Nacht im Freien in der Hängematte. Am Nachmittag besuchten wir mit dem Indigena zwei weitere Wasserfälle und ein Dorf. Bei Sonnenuntergang sprangen wir noch einmal in das erfrischende Nass der Lagune.
Tag 8. Auch hier beginnt der Tag zeitig. Mit einem Einbaum sollten wir den Carrao Fluss entlang fahren. Später als erwartet, startetet unsere Tour. Auf Grund der wenigen Niederschläge herrscht Niedrigwasser. Den Großteil der Strecke müssen wir im seichten Wasser zurücklegen. Die Landschaft entschädigt allerdings für den Fußmarsch;
ringsherum ragen Tafelberge und eigenartig ausschauende Felsgebilde aus dem dichten Dschungelwald. Die Fahrt zieht sich ewig und langsam fällt auch das Sitzen schwer. Kurz vor dem Ziel gibt der Motor auf und wir laufen das komplette restliche Flussbett entlang. Nach über sechs harten Stunden kommen wir mit dem letzten Sonnenstrahl
im Camp an. Schnell noch das Lager für die nacht gesichert und dann ab ans wärmende Feuer.
Tag 9. Abmarsch zum Salto Angel war diesmal schon 04:00 Uhr. Außer uns beiden Deutschen hatte keiner eine Taschenlampe dabei. So mussten wir für einen Großteil der Gruppe Straßenlaterne spielen. 90 min dauerte der Anstieg zum Aussichtspunkt unterhalb des Wasserfalls, der völlig in wolken gelegen war und sich nur das untere Drittel zeigte. Der graue Morgen machte langsam der Sonne Platz als wir wenig später mit dem Motorboot Richtung Canaima fuhren. Knapp erreicht wir die 14:00 Uhr-Maschine nach Ciudad Bolivar. Der Ausblick auf die Lagune, die Tafelberge, den Regenwald und später den Orinoco waren einmalig. Die Posada in Ciudad Bolivar war ein altes Herrenhaus mit Patio. Gleich um die Ecke auf dem Hauptplatz fand zum Sonntag hin ein Volksfest statt.
Tag 10. Heute fahren wir nach dem Frühstück los ins Orinocodelta. Die Fahrt ist lang und wir kommen gegen Mittag in einem kleinen Ort an, wo wir vom Guide empfangen werden. Mit an Bord ist unser Proviant, eine Freundin vom Guide, unser Bootsfahrer, seine Frau und zwei Kinder sowie Frauen zum Kochen und Reinigen. Wir fahren durch ein unüberschaubares Labyrinth aus Wasserwegen. Die meisten sind von Wasserhyazinthen überwuchert; praktisch ein reines Pflanzenmeer. Im Camp sind wir die einzigen Gäste und werden privat umsorgt. Die Hütten stehen auf Pfählen, die die Einheimischen vor der aller sechs Stunden einsetzenden Flut schützen. Auf unserer Fahrt zu den Waraofamilien sehen wir Aras, Hoazine und andere Vögel. Das Leben hier ist für unsere Verhältnisse äußerst primitiv. Wir bleiben bis zum Sonnenuntergang auf dem Fluß, trinken Cuba Libre und genießen die Ruhe. Ein paar Kinder der Indigenas kommen mit dem Kanu zu uns herüber und freuen sich über einen Becher Limo.
Tag 11. Mit dem Sonnenaufgang werden wir von den Dschungelgeräuschen wach. Das Moskitonetz hat die meisten Mücken abgehalten. Nach einer frischen Dusche aus dem Duschrohr gibts Maisfladen und Ei zum Frühstück. Der erste Ausflug ist ein Walk durch den sumpfigen Dschungel. Wir lernen ein paar Survivaltricks, z.B. wo man Wasser im Baum und in Früchten findet, wie man Feuer macht oder sich eine Behausung für die Nacht baut. Im nächsten Dorf der indigenen Bevölkerung hat allerdings schon der Fortschritt Einzug gehalten. Dieselgeneratoren, Fernsehgeräte oder Musikanlage mit riesigen Lautsprechen sind in den Pfahlbauten zu finden.
Tag 12. Am Vormittag machen wir eine kleine Fahrt mit dem Kanu in die Kanäle. Leider ist gerade Ebbe und viele Bäume behindern die Fahrt. Beim Piranha-Angeln sind wir auch heute leider erfolglos. Nur der Bootsfahrer fängt zwei, die er uns gleich zum Mittag serviert. Auf dem Festland werden wir von Matthias, unserem Guide für die
nächsten drei Tage, für den Transfer nach Caripe erwartet. Die Fahrt in die Berge dauert rund 3 h.
Tag 13. Heute geht es zu der Guacharo-Höhle, wo eine Kolonie von rund 10.000 Fettschwalben lebt und die von Alexander Humboldt entdeckt bzw. dokumentiert worden ist. Die Höhle ist riesig. Man kann fast einen Kilometer hineingehen. Die Vögel kreischen und einige fliegen aufgeschreckt umher. Ringsherum ist geschützter Nebelwald.
Unser nächstes Ziel liegt hinter dem Gebirge. Unsere Posada in Mochima ist ein einfaches kleines Häuschen. Der Ort ist an Trostlosigkeit kaum zu unterbieten. Kleine Fischerhäuser sind von Müll umrandet; kein Strand, kein Zugang zum Wasser, kein einladendes Stück Land, um sich die Beine zu vertreten. Wir schienen die einzigen Weißen hier zu sein; allein der frische Fisch im kleinen Restaurant entschädigte für alles.
Tag 14. Beim Frühstück zerstechen mir die Mückenbiester das erste Mal auf dieser Fahrt so richtig die Beine. Später geht es auf Bootstour durch den Meeres-Nationalpark. Mehrere Inseln bilden eine nette Kulisse. Draußen vor der Küste stoßen wir sogar auf Delfine, die zurzeit selten anzutreffen sind. Wir werden am größten Strand abgesetzt,
dem Playa Grande. Mit uns sind zwei Mädchen im Boot, eine aus Maracaibo und ihre Freundin Sarah aus Sao Paolo. Wir erzählen viel, am meisten auf Englisch, aber auch Spanisch und Portugiesisch. Den Rest des Tages hören wir Musik bzw. lesen. Im Urlaub soll man ja auch zuweilen Ausspannen. Ich schaue später an der Anlegestelle den Booten bei der Rückkehr von den Stränden zu. Mangels Restaurants begnügen wir uns heute mit einer Tüte Chips und Softdrinks zum Abendessen, das wir ein letztes Mal auf dem Dorfplatz verbringen.
Tag 15. Gegen 06:00 Uhr geht mein Taxi zum Airport von Barcelona. In Caracas beziehe ich noch einmal mein Hotel aus den ersten Tag in Venezuela, von wo aus es schließlich weiter zur Transamazonica-Runde, beginnend in Peru, geht.
Bevor es Frank Böttcher auf den südamerikanischen Kontinent verschlug, durchquerte er Thailand. Begleiten Sie ihn nun nach seiner Venezuelarundreise auf der durch drei Länder führenden TRANSAMAZONICA. Seine 9. Etappe der Weltumrundung startet im Februar 2014 in Peru und wird sich in Bolivien und Brasilien fortsetzen