Die venezolanische Bevölkerung ist sehr heterogen zusammengesetzt. Anfangs war es eine Mischung aus amerindischen Gruppen mit afrikanischen Sklaven und spanischen Kolonisatoren.
Im Zuge der Industrialisierung kam es zur Vermischung mit weiteren europäischen Einwanderern – vorwiegend Spaniern, Italienern und Portugiesen. Ab den 50er Jahren begann die Migrationswelle aus anderen südamerikanischen Ländern mit all ihrer ethnischen Bandbreite. Diese bildet die Grundlage der heutigen venezolanischen Bevölkerung.
Sowohl die indigenen Gemeinden als auch andere Bereiche der venezolanischen Gesellschaft haben sich in den vergangenen Jahren entscheidend verändret. Vormals gab es eine scharfe Trennung zwischen Ober-, Mittel- und Unterschicht, heutzutage verschmelzen die einzelnen Schichten immer mehr miteinander (vor allem, aber nicht ausschließlich die Mittel- und die Unterschicht), so dass die einzelnen sozialen Gruppen bunter werden. Verschiedene kulturelle Bewegungen aus allen gesellschaftlichen Schichten haben die Integration sozialer Gruppen vorangetrieben, die sich früher einander nicht angenähert hätten.
Ethnien in Venezuela
Obwohl Venezuelas Bevölkerung aus den drei Herkunftsregionen Afrika, Spanien und Indigenen besteht, ist es kein Vielvölkerstaat. Das lässt sich an der Verteilung der Muttersprache festmachen. Die geschätzte Bevölkerungszahl für das Jahr 2009 lautete 28.384.000 Einwohner mit Spanisch als Muttersprache.
Desweiteren gibt es in Venezuela schätzungsweise 28 indigene Ethnien, die allerdings einen nur sehr kleinen Anteil an der Gesamtbevölkerung einnehmen. Die mindestens 31 indigenen Sprachen werden vorwiegend in den von ihren Gruppen bewohnten Regionen gesprochen, jedoch in ganz Venezuela anerkannt und respektiert.
Die Mehrzahl der indigenen Gruppen wohnt in abgelegenen Gebieten, auch wenn sie sich immer stärker den Bevölkerungszentren annähern. Das ist insbesondere bei der Bevölkerung der Guajira im Bundesstaat Zulia der Fall. Weitere zahlenmäßig große ethnische Gruppierungen finden sich in der Region des Orinoco-Deltas, in den Bundesstaaten Amazonas und Bolívar.
Die Ethnie der Wayúu (Guajiros)
Die Wayúu sind eine indigene Gruppe, die zur linguistischen Familie der Arawak gehören. Ihr ursprüngliches Siedlungsgebiet ist die Guajira-Halbinsel. Über lange Zeit sehr gefürchtet, wurde ihr Hoheitsgebiet von Spaniern und Kreolen respektiert.
Im 19. Jahrhundert begann die Wanderung der Wayúu in Richtung Süden des Maracaibo-Sees, diese Arbeitsmigration wurde durch den späteren Aufschwung der Ölindustrie noch verstärkt und regte die Wanderung in verschiedene Regionen des Bundesstaates Zulia an.
Heute wohnen die Wayúu in verschiedenen Stadtteilen und ländlichen Gebieten der Region Zulia. Sie sind Pfarrer, Bauern, Jäger, Sammler sowie Fischer und verfügen noch immer über eine starke Spiritualität mit Gebräuchen und Mythen, bei denen die Frauen eine wichtige Rolle spielen.
Die Yanomami sind eine indigene Gruppe, die zur linguistischen Familie der Yanomami (auch Yanoama) gehören. Man findet sie entlang des oberen Orinoco, im Parima Tapirapecó Nationalpark, zwischen Venezuela und Brasilien (Sierra de Parima), in den Bundesstaaten Amazonas und Bolívar.
Mehr als die Hälfte der zu dieser ethnischen Gruppe gehörenden Personen sind auf venezolanischer Seite. Sie leben in Kollektiven, das bedeutet, verschiedene Familien schließen sich zusammen und bewohnen gemeinsam ein Haus, in ihrer Sprache shapono genannt.
Die Zahl der Bewohner kann zwischen 20 und 200 schwanken. Mehrere shaponos versammeln sich auf großzügigem Raum und bilden zusammen eine Gemeinschaft. Sie bewirtschaftet ihr Gebiet und respektiert den Siedlungsraum anderer Gemeinden.
Die Yanomami sind hauptsächlich Bauern, sie jagen, fischen und sammeln jedoch auch. Eine ihrer herausragendsten Charakteristiken ist die Weiterentwicklung ihrer Stimmtechniken, um bei ihren Ritualen und auf Festen eine große Bandbreite an Liedern anstimmen zu können.
Das Gemeinschaftsleben, sei es nun innerhalb des shapono oder innerhalb ihres Siedlungsgebietes, begünstigt in großem Maße soziale Aktivitäten. Begleiten Sie uns, um aus allernächster Nähe einige dieser Yanomami-Gemeinden mitzuerleben.
Die Pemón gehören zur linguistischen Familie der Caribe und besiedeln die Große Savanne und das Becken des Caroní-Flusses im Südosten des Bundesstaates Bolívar. Wegen ihrer Dialekte werden sie in drei Untergruppen unterteilt: die Kamarokoto, die Taurepán und die Arekuna. Man findet sie vor allem in den Savannengebieten in Fluss- und Waldnähe. Die Gemeinden sind klein und wohnen in Häusern, als Gruppe oder zerstreut.
Ihre sozio-ökonomische Struktur basiert auf der Kleinfamilie, sie sind Gärtner, Jäger, Fischer und Viehzüchter. Aufgrund der hohen Minenaufkommen in der Region, widmen sie sich zudem dem Bergbau. Das hat ihre Lebensweise verändert. Dennoch haben sie sich ihre kulturelle Identität und Traditionen bewahrt. Bei Trekkingtouren auf den Roraima und den Auyantepui sowie bei Ausflügen nach Canaima und den Salto Ángel haben Reisende die Möglichkeit, einige Pemón-Indianer kennen zu lernen.
Ihre Sprache ist das Warao, das als eine unabhängige Sprache angesehen wird, auch wenn einige Forscher sie mit der Sprachfamilie der Chibcha in Verbindung bringen. Sie siedeln im Gebiet der Bundesstaaten Amazonas, Sucre, Monagas und Bolívar.
In der Mehrzahl ist ihr Leben stark mit dem Wasser verbunden, sie sind die geborenen Fischer und wohnen in Pfahlhütten an den Flussufern, zu denen sie in ihren Kanus gelangen. Ihre curiaras (Kanus) sind ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens, sie sind Experten im Bau derselben, was Besucher im Orinoco-Delta authentisch miterleben können.
Ihre soziale Struktur basiert auf der Großfamilie, alle arbeiten zusammen. Traditionellerweise gab es den „kobenajoro“, der politische und religiöse Aufgaben wahrnahm. Dieses Amt ist durch die sozialen Veränderungen in Auflösung begriffen, auf verschiedene Art und Weise verschmelzen die Warao immer mehr mit der sie umgebenden Gesellschaft.
Nach wie vor sind sie Fischereiexperten, sie jagen aber auch und sammeln Wildfrüchte sowie Mauritiuspalmen, die jahrhundertelang ihre Lebensgrundlage bildeten. Einige Warao fällen heutzutage Holz und Palmen, um sie an in der Region ansässige Sägewerke zu verkaufen. Oder sie arbeiten als deren Angestellte.
Zur linguistischen Familie der Sáliva gehörend, siedeln sie im Bundesstaat Amazonas und im Regenwald der Orinoco-Ventuari-Region. Da sie sich in den Bergen konzentrieren (Bergpiaroa) und ihr Siedlungsgebiet für die Kolonisatoren schwer erreichbar war, entspricht ihr Sozialgefüge noch dem Wesen und dem kulturellen Erbe ihrer Vorfahren und anderer während der Kolonialzeit ausgestorbener ethnischen Gruppen.
Bis vor 40 Jahren machten sie noch von allen Elementen ihrer Kultur Gebrauch: Sie kleideten sich in Lendenschürzen aus weißer Baumwolle (guayuco), wohnten in Gemeinschaftshäusern mit Palmdächern, verwandten Blasrohre mit Giftpfeilen, stellten Pflanzenfarben her und nutzten Einbäume als Boote. Heutzutage kleiden sie sich wie der Rest der venezolanischen Bevölkerung und leben in Einfamilienhäusern. Sie sind ehrliche und zuverlässige Händler. Allerdings ist der moderne Handel der Piaroa an die Bedürfnisse der nicht indigenen Bevölkerung der Region angepasst.
Der herausragendste Aspekt der Piaroa-Kultur ist ihre Abneigung gegenüber jeglicher Form von Gewalt, sowohl physischer als auch verbaler Art. Sie verfügen übere eine strenge Selbstbeherrschung, eher ziehen sie sich zurück, als in eine Situation zu geraten, wo unkontrollierte Gefühlsausbrüche zur Gefahr werden könnten.